Nach einem holprigen, aber dennoch engagierten zweiteiligen Pilotfilm startet Star Trek: Discovery nun seine Story mit Vollgas. Mit der dritten Episode und inoffiziellen „zweiten Pilotfilm", "Lakaien und Könige", findet sich die degradierte und entehrte Michael Burnham (gespielt von Sonequa Martin-Green) sich an Bord der U.S.S. Discovery wieder um dort wieder Dienst zu tun, nachdem sie aus einem verurteilten Gefängnis-Transport-Shuttle auf dem Weg nach Tellun gerettet wurde.
Sechs Monate sind vergangen, seit Burnham Meuterei begangen hat und im Grunde den Krieg zwischen der Föderation und den Klingonen ausgelöst hat. Auf der Discovery erfährt Burnham, dass Captain Gabriel Lorca (Jason Isaacs) und der Wissenschaftler Lt. Paul Stamets (Anthony Rapp) mit einer Form von Sporen als eine Möglichkeit zum Transport durch den Weltraum experimentieren. Das könnte einen potenziell Vorteil bringen um die Klingonen zu besiegen.
Burnham bekommt die Chance, ihre Schuld zu tilgen (oder zumindest, um sich selbst nützlicher zu machen) und als Teil von Lorcas verdeckter wissenschaftlicher Mission zu agieren.
Nach Episode drei ist es ziemlich klar, dass Star Trek: Discovery nicht das gewohnte Star Trek ist. Die Serie ist cleverer, dunkler und voller Charakter-Konflikt als alles, was die Serien während der Rick Berman Jahre aufbringen konnten. Den engste Vergleich könnte man vielleicht noch mit Star Trek: Deep Space Nine ziehen.
Alles ist auch in einen allgegenwärtigen Dunst der Geheimnisse gehüllt. Dies ist ein Merkmal, das nur durch die Erzählung der Episode fast ausschließlich aus der Sicht von Burnham verstärkt wird, die versucht, hinter die Geheimnisse dieser Entdeckungsmission zu kommen.
So neu wie sich Discovery anfühlt, gibt es auch etwas erfrischend Vertrautes. Einen Charakter mit einer turbulenten oder beschädigten Vergangenheit an Bord eines Serien-Raumschiffs zu bringen, der sich selbst erlösen oder eine neue Daseinsberechtigung sucht, ist sicher nichts Neues für Star Trek. Denkt man nur zurück an The Next Generation und Voyager mit Charakteren wie Tom Paris, Ensign Ro und Tam Elbrun, der beunruhigte Betazoid aus der grandiosen TNG-Episode 3.20 "Der Telepath" (orig.: „Tin Man“).
Es gibt sicherlich noch weitere Charakter-Beispiele in allen Serien. Star Trek schien immer bereit zu sein, schlechten Menschen eine zweite Chance zu geben – besonders wenn ihre Fähigkeiten einer wichtigen Mission angemessen waren. Discovery ist die erste, die auf die Sichtweise eines dieser beschädigten und nicht führenden Charaktere umschaltet und eine Serie kreiert, die seiner bzw. ihrer Reise zu einer Art Erlösung folgt.
Oder hat Discovery stattdessen einen weniger offensichtlichen und dunkleren Sinn für Burnham?
Es ist noch viel zu früh, um zu sagen, wo Burnhams Charakter am Ende sein wird. Wie weit fällt sie in das Kaninchenloch? In einem der entscheidenden Momente der Episode rezitiert sie selbst aus Alice im Wunderland und weist daraufhin, dass unten manchmal oben sein kann. Burnhams Weg könnte sie überall hinführen.
Nach einer zittrigen Einleitung in Episode 1.01 „Leuchtfeuer“ (orig.: "The Vulcan Hello") – die gekennzeichnet war durch ein flapsiges und ungeschicktes Gespräch mit Captain Georgiou auf dem Wüstenplaneten – hat sich Burnham als ein wahrhaft faszinierender und geschichtlicher Charakter erwiesen. Sonequa Martin-Green verdient eine enorme Menge Anerkennung für das Gewicht, das auf ihren Schultern lastet.
Es ist leicht, Kadett Tilly (Mary Wiseman) als Discovery's ersten irritierenden Charakter zu sehen; man wird hier unweigerlich an Ensign Sonya Gomez erinnert, ein weiterer nervöser und übereifriger Charakter aus der zweiten Staffel von Star Trek: The Next Generation. Es wird interessant sein, ihre Beziehung mit Burnham zu sehen.
Es scheint offensichtlich, dass Burnham als ihr potenzieller Mentor fungieren wird, die ihr dabei helfen soll, ihre nervösen Tendenzen zu zähmen um zu einem Führer und zukünftigen Captain zu werden, der sie sein will. Solange Discovery sich auf solche Stories konzentriert und die Kriegsgeschichten nicht zu sehr auf Kosten der persönlichen Entwicklung seiner Charaktere in den Vordergrund stellt, werden wir eine wirklich gewinnbringende haben (und das nicht im Sinne von Umsatz), die etwas Neues bietet und dem humanistischen Geist von Star Trek trotzdem treu bleibt.
Anerkennung muss man dem Regisseur Akiva Goldsman zollen, der sich auf die Schiene und inkonsistente Jagd von David Semel und Adam Kane, die Regie bei den ersten beiden Episoden 1.01 „Leuchtfeuer“ (orig.: „The Vulcan Hello“) und 1.02 „Das Urteil“ (orig.: „Battle at the Binary Stars“) führten, und diese Schiene gekonnt weitergeführt und verbessert hat. Um Discovery in Schutz zu nehmen: Es ist nicht ungewöhnlich für eine neue Star Trek-Serie, noch nicht genau zu wissen, wie sie aussehen oder sogar klingen sollte – ein Problem, das die The Next Generation in ihren ersten Jahren ständig hatte.
Goldsman kommt aus jetziger Sicht schon ziemlich nah und findet den Look, der zumindest die Episode adäquat bedient. Komponist Jeff Russo hält auch die Musik geheimnisvoll und gespenstisch.
Als eine Geschichte, die im Wesentlichen eine einzige Verbindung in einer viel größeren Kette ist, ist es bei "Lakaien und Könige" schwierig, diese auf den Verdienst ihrer einzigartigen Handlung zu überprüfen. Jenseits von Burnhams Entscheidung, an Bord der Discovery zu bleiben, gibt es keine wirkliche Auflösung, was natürlich Absicht ist. Denn genau hier muss man sich von der gewohnten „Ein-Episoden-Story“ verabschieden.
Es wird interessant sein zu sehen, wie die Dinge vorankommen. Im Großen und Ganzen bietet "Lakaien und Könige" ein engagiertes Setup für die viel größere Geschichte, die gewiss noch folgen wird. Die überzeugenden Einführungen der Charaktere mit großen moralischen und ethischen Implikationen versprechen eine nicht allzu leichte Zeit der Anpassung von Burnham als neuestes Besatzungsmitglied der U.S.S. Discovery.
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